Frei statt Sachsen - Demo - Polizeigesetz stoppen!
Aufruf
Das neue Polizeigesetz betrifft jede Person. Es schränkt die Grundrechte von uns allen ein. An einem Tag einfach nur Pech gehabt, oder zur falschen Zeit am falschen Ort, es kann alle treffen. Besonders Personen, die jetzt schon Ziele polizeilicher Eingriffe sind, werden die Auswirkungen des neuen Polizeigesetzes zu spüren bekommen: Wohnungslose, psychisch Kranke, politisch Aktive, Drogenkonsument*innen, Streikende, Fußballfans sind alle inbegriffen. Durch die Nutzung des Begriffs der "abstrakten Gefahr", werden Spielräume bewusst Auslegungssache der Polizei. Die eben veröffentlichte polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass die Straftaten bundesweit rückläufig sind. Schon 2017 erreichte man den niedrigsten Wert der Kriminalität in Deutschland seit einem viertel Jahrhundert. Weiterhin nahmen die Straftaten von 2017 auf 2018 um 3,6 % ab. Trotzdem werden mehr und mehr Polizeigesetze der Länder verschärft. Auch direkt in Freiberg gingen die Anzahl
der Sachbeschädigungen (40 auf 11) und Diebstähle (10 auf 3) von 2017 auf 2018 zurück. Die wohl doch hohe Einsatzzahl des seit 2016 aktivem städtischen Stadtordnungsdienstes mit Sonderrechten wird bisher lediglich mit der Aktivität
des Knöllchen-Verteilens begründet. Trotzdem soll deren Personal 2019 aufgestockt werden. Auch werden in immer mehr sächsischen Städten Alkoholverbotszonen eingerichtet. Obdachlose, psychisch Kranke und Drogenkranke werden somit kriminalisiert, anstatt Hilfe anzubieten. Auf der gesamten Stadt- und Landesebene wird sich mit Polizeigesetzen profiliert.
Dieser Weg in einer autoritären Überwachungsstaat ist abscheulich. Überwachte Menschen sind nicht frei und verändern ihr Handeln! Wir kämpfen für Freiheit ohne Überwachung. Wir brauchen einen anderen Politikstil in Sachsen und eine demokratische Kontrolle der Polizei! Wir wollen eine
gerechte Gesellschaft und soziale Antworten im Umgang mit den Problemen statt einer autoritären Sicherheitsarchitektur!
Am 10.04.2019 wurde Landtag wurde das Polizeigesetz trotz Kritik der Grünen und Linken vor allem mit der Unterstützung der SPD bereits beschlossen. Inkrafttreten soll das Gesetz am 01.01.2020.
Ins Detail:
Mit dem Polizeigesetz wird nur eines sicher gestellt: der Rechtsstaatsabbau. Anders als im Kriegsrecht ist in Deutschland der Einsatz von chemischen Kampfstoffen wie Pfefferspray gegen Demonstrant*innen legal. Nun sollen noch
diverse Überwachungsmaßnahmen und Hardwarenachrüstungen, wie Handgranaten und Maschinengewehre dazu kommen. Begründungen sollen die
wachsende Gefahr von Terrorismus und die Bekämpfung von Kriminalität sein, nur zu welchem Preis? Abgesehen davon, dass die Kriminalitätsrate schon seit Jahren fällt, wächst stetig
die Angst vor dem Terror. Das ist das Werk rechts-populistischer Parteien in Deutschland und eine Begleiterscheinung der Unsicherheit im fortschreitenden Sozialabbau. Wir werden unsere Grundrechte nicht für irgendwelche irrationalen Fühlungen abgeben. Mindestens aus Eigennutz und im besten Fall aus historischer Verantwortung. Wir sagen NEIN zum Polizeigesetz und JA zu unseren Grundrechten! Folgende Neuerungen stehen besonders in unserer Kritik:
1. Überwachung
Das neue Polizeigesetz stellt einen großen Eingriff in die Grundrechte dar, denn es beinhaltet umfassende Maßnahmen zur Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
Ein Beispiel ist eine 30 km breite Zone zur polnischen und tschechischen Grenze, die ca. ein Drittel der Fläche Sachsens einnimmt. In diesem Bereich sind
stationäre und mobile Maßnahmen zur automatischen Gesichts- und Kennzeichenerkennung, sowie zur biometrischen Erfassung geplant. Dabei sind viele Kommunen, wie auch Freiberg, betroffen. In Zeiten der Big Data werden
somit riesige Datenmengen über jede Person erzeugt und gespeichert. Diese Art der "intelligenten" Überwachung geschieht ohne Einvernehmung der betroffenen Personen. Dies führt zu einer drastischen Einschränkung der Privatsphäre und
somit zur Verletzung der menschlichen Würde einer jeden Person in Sachsen.
2. „Drohende Gefahr“
Willkürliche Personenkontrollen gehören leider zum Alltag der Polizei. Doch nun kann jede einzelne Person, von der die Polizist*innen meinen, dass in Zukunft eine Straftat von dieser Personen auszugehen scheint, weitreichenden Eingriffen
ausgesetzt sein. Der Begriff der "drohenden Gefahr" ist im Gesetz bewusst ungenau definiert und lässt einen enormen Interpretationsspielraum. Aufenthalts- und Kontaktverbote, präventive elektronische Fußfesseln und präventives
Abhören oder Unterbrechen von Handyverbindungen können dann Jede*n treffen! Selbst Begleit- oder Kontaktpersonen (Freund*innen, Familie, Bekannte) sind dabei willkürlichen Observierungen ausgesetzt. Dies kann gravierende psychische
Folgen für die Betroffenen haben. Während jede*r Bürger*in mit der willkürlichen Einstufung als "drohende Gefahr" rechnen muss, wird gegen Geflüchtete, oder Menschen, die nicht in Deutschland
geboren sind, wesentlich offensiver vorgegangen. Nicht nur, dass eben genannte Personen durch den institutionellen Rassismus und Racial Profiling sowieso öfters grundlos ins Visier der Polizei geraten, durch die Einstufung von Flüchtlings-Unterkünften als grundlegend "gefährliche Orte" werden willkürlich Menschen
unter Generalverdacht gestellt. Durch solche Maßnahmen verletzt man nicht nur die Privatsphäre und Grundrechte der Betroffenen, man stärkt den Rassismus in der Polizei und der Gesellschaft!
Selbst Geheimnisträger*innen können zukünftig ohne ihr Wissen präventiv (also im Vorfeld einer möglichen Straftat) abgehört werden. Das ist ein enormer Einschnitt in die Berufsfreiheit. Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Journalist*innen benötigen Schutz und kein Misstrauen um sorgfältig arbeiten zu
können. Wir lehnen es strikt ab der Polizei ein solches Maß an Willkür zu überlassen, da der Abbau von Persönlichkeitsrechten unmittelbar damit einhergeht!
3. Polizeisonderrechte statt Grundrechte
Polizisten haben eine Sonderstellung in unserer Gesellschaft, zumindest werden sie vom judikativen Gewaltorgan gesondert behandelt. So wurden 2017 über 2100 Polizisten wegen Gewaltdelikten angezeigt. Eingestellt wurden aber über 90
% der Verfahren, noch schlimmer: von den Anzeigen führten nur 2 % zu einer Anklage oder einem Strafverfahren. Anstatt aus diesen Statistiken zu lernen und unabhängige Beschwerdestellen für Polizeigewalt einzurichten, kontrollieren und schützen sich Polizisten weiter gegenseitig. Eine Einführung einer
Kennzeichnungspflicht für Polizisten würde ihr Auftreten nachvollziehbarer und transparenter machen, was die Grundrechte Aller stärken kann. Die Sonderrechte
der Polizei sind in unserem demokratischen System unserer Ansicht nach nicht legitimierbar! Dass man eine Polizei unabhängig kontrollieren sollte, zeigt nicht nur die Zahlen der Polizeigewaltstatistiken, sondern auch die Offenheit einiger
Polizisten zu rechten Strukturen, wie zuletzt leider nicht nur aus Hessen berichtet wurde.
4. Aufrüstung und Militarisierung
Neben den neuen Überwachungsmöglichkeiten und den Sonderrechten der Polizei, darf sich diese auch noch über neue Ausrüstung freuen. Die Polizeieinheiten in Sachsen sollen zukünftig mit Maschinengewehren, Gummigeschossen, Elektroschockern und Handgranaten ausgerüstet werden.
Das ist Militärequipment! Wie ungehemmt Polizist*innen mit entsprechender Ausrüstung umgehen, zeigt nicht nur der 2001 ermordete Carlo Giuliani im Rahmen der G8-Demonstration in Genua (Kopfschuss), sondern auch die ungerechtfertigt übertriebene Härte gegen einige Demonstranten bei den G20-
Demonstrationen im Hamburg. Dass das SEK, welches auch zu Demonstrationen eingesetzt wird, zukünftig mit dem militärischen Panzerfahrzeug mit Maschinengewehrhalterung "Rheinmetall Survivor R" auftreten kann, zeigt das
Ausmaß der Militarisierung. Gesellschaftlicher Protest wird so durch militantes und martialisches Auftreten vorzeitig eingeschüchtert. Auch die Hobby-Polizist*innen der örtlichen Polizeibehörden erhalten nicht nur in Freiberg immer mehr Befugnisse. Durch zukünftiges Auftreten mit Schlagstock und Reizgas wird auch hier vorzeitig eingeschüchtert.
5. Repression
Man könnte bei Oury Jalloh und noch früher anfangen, doch der übertriebene Schutz der PEGIDA-Demonstrationen, sowie der völlig übertriebene Einsatz zum 1. Mai 2018 in Chemnitz zeigen, dass wir der Willkür der Polizei auch heute noch ständig ausgesetzt sind. Wie mit Arndt Ginzel und dem Hutbürger umgegangen wurde, zeigt einmal mehr welche Probleme wir in Sachsen haben. Wir möchten diese Willkür aber nicht auf einzelne Polizist*innen herunterbrechen, denn gegen alternative Meinungen wird in Sachsen von weiter oben vorgegangen. Nicht nur, dass in Chemnitz bei Hitlergrüßen nicht eingeschritten wurde und Hetzjagden von der CDU verneint wurden, auch die Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen ist äußerst fragwürdig. In Sachsen werden mehr linke Bands als in
der gesamten restlichen Bundesrepublik zusammen vom Verfassungsschutz überwacht. Das Nutzen des Logos der Antifaschistischen Aktion, sowie das Singen
über "Antifaschismus" und "Kampf um Freiräume" gelten in Sachsen also als verfassungsfeindlich. Auftritte dieser zwölf Bands werden kontinuierlich versucht zu verhindern. Spielen diese Bands trotzdem, wird vor dem Auftrittsgelände Patrouille gefahren und es werden willkürlich Personenkontrollen durchgeführt.
Betrachtet man die Lebensgeschichte von Gordian Meyer-Plath (Präsident LfV Sachsen), so ergeben die Aktionen des Verfassungsschutzes etwas mehr Sinn:
Meyer-Plath ist alter Herr der schlagenden Burschenschaft Marchia Bonn, was eine Erklärung für das Ignorieren regelmäßiger Anfragen der Opposition über Rechtsextremismus sein könnte. Wir lehnen diese Zustände ab und halten eine Aufrüstung für grundlegend falsch.