Bremen für alle: Wie kann die Hansestadt eine ‚Solidarity City‘ werden?
Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Fraktion DIE LINKE in der Bremischen Bürgerschaft mit
- der rls-Autorin der Toronto-Studie,
- Maurizio Coppola (Italienischer Experte) - angefragt,
- Sunny Omwenyeke (Bremer Solidaritätszentrum) und
- Sofia Leonidakis (Bürgerschaftsabgeordnete, DIE LINKE)
am 26. Februar 2019 (Dienstag) ab 19:00 Uhr im Kulturzentrum Lagerhaus (Schildstraße 12-19 | Bremen).
Die Festung Europa ist dicht. Kein Schiff mit Geretteten an Bord soll europäisches Festland erreichen. Zuerst traf es die zivilen Seenotretter*innen. Doch dann ließ der italienische Innenminister Matteo Salvini nicht einmal mehr die eigene Küstenwache mit Geflüchteten in die Häfen einlaufen. Während die europäischen Regierungen die Festung Europa immer höher bauen, formiert sich in den Städten Widerstand. Sie widersetzen sich der Abschottungspolitik und erklären sich zu solidarischen Städten: Barcelona nennt sich „Ciutat Refugi“, Zufluchtsstadt, in Palermo verkündet Bürgermeister Leoluca Orlando: „Mobilität ist ein Menschenrecht.“ Gemeinsam mit anderen Bürgermeistern italienischer Küstenstädte kritisierte er die Hafenblockade – und wurde zum Vorbild: Auch Berlin, Bremen, Hamburg, Stuttgart oder Köln erklärten sich zu sicheren Häfen und wollen Geflüchtete aufnehmen.
Der Grundsatz von Solidarity Cities beruht auf der einfachen Idee, Städte zu schaffen, in denen alle Menschen Rechte haben und das Stadtleben mitgestalten können – unabhängig von Aufenthaltsstatus, finanziellen Möglichkeiten, Hautfarbe, Geschlecht, Sexualität oder Religion. Die Umsetzung dieser Gedanke ist jedoch alles andere als einfach. Viele sind die Hürden und Hindernisse, mit den Papierlose und Personen mit einem prekärem Aufenthaltsstatus tagtäglich umgehen müssen. Das Recht auf medizinische Regelversorgung, auf Arbeit oder auf Schule (ohne Abschiebung währenddessen) sind Menschenrechte, die in der UN-Menschenrechtskonvention und im Grundgesetz verankert sind und doch nicht für alle Menschen faktisch gelten. Nicht nur zugewanderte Personen profitieren vom Ansatz der solidarischen Stadt, sondern zum Beispiel auch alle, die nicht krankenversichert sind (sein können) und viele andere Personengruppen, die weniger privilegiert sind als der Durchschnitt der Gesellschaft.
Praktisch arbeiten zahlreiche Akteur*innen an der Ausgestaltung und Weiterentwicklung dieses Konzepts: So etwa progressive Stadtregierungen, die ein Netzwerk europäischer „Solidarity Cities“[1] im Rahmen von EUROCITIES knüpfen und Unterstützung der EU für die Integration von Flüchtlingen in den Städten einfordern. Politischer Druck kommt aber auch von der aktivistischen Basis. Im vergangenen Jahr haben Flüchtlingsräte, migrantische Organisationen, Willkommensinitiativen, linke Bewegungen, stadtpolitische NGOs, kirchliche Gruppen und Wissenschaftler*innen in Städten wie Berlin, Bern, Köln und Zürich sowie in zahlreichen kleineren Städten das zivilgesellschaftliche „Solidarity City“-Netzwerk[2] gegründet. Inspiriert von den nordamerikanischen „Sanctuary Cities“, die die Kooperation mit den Bundesbehörden in Sachen Abschiebung aufkündigen, geht es bei den solidarischen Städten zum einen um Widerstand gegenüber dem repressiven europäischen Grenzregime, zum anderen um die Entwicklung von Ansätzen und Praxen des solidarischen Zusammenlebens in den Städten
Anlässlich wachsenden Interesses für Solidarity Cities erscheint anfang des kommenden Jahres eine Publikation von Fallstudien der Rosa Luxemburg Stiftung, die die politischen und zivilgesellschaftlichen Ansätze zur Ausgestaltung solidarischer Städte in mehreren europäischen Städten vorstellt: in Barcelona, Neapel, Zürich und Berlin. Zudem wird mit der kanadischen Stadt Toronto eine nordamerikanische Solidarity City analysiert, die als Inspiration auch für die europäische Bewegung wirkte.
Zusammen mit Autor*innen der Studien, einem Gast aus dem Ausland und lokalen Akteuren werden wir die Bedeutung des Ansatzes „Solidarity City“ erörtern und analysieren, welche Maßnahmen in der Hansestadt Bremen auf kommunaler Ebene zu realisieren sind.