Ein Reisebericht zum Rettet die Wahlen Event für Stammwähler, Unentschlossene und Anarchisten!

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Am 25. August waren wir von der anarchistischen Gruppe Dortmund zu Gast bei dem Rettet die Wahlen Event von Open Globe Bielefeld und vorallem der Band Unknown Skartist.

 

Doch was ist überhaubt diese „Rettet die Wahlen Initiative“?!

 

Unknown Skartist schreiben dazu:
„Wir machen uns Sorgen um unser politisches System: Einflüsse von Lobbys und Konzernen werden größer, populistische Stimmungsmache alltäglicher und konstruktive Diskussionen von Menschen unterschiedlicher Meinungen gleichzeitig seltener.“

 

und in ihrem Song „Rettet die Wahlen“ heißt es:

 

„Redet mit allen
Komplizen und Rivalen
Mitte und Radikalen –
Rettet die Wahlen!
Redet mit jedem, der
Redet mit jeder, die
keinen Bock mehr hat –
Auf Demokratie!“

Da wir Radikal sind, also Probleme von der Wurzel an versuchen zu lösen, sowie keinen Bock mehr auf Demokratie haben fühlten wir uns angsprochen und schrieben die Band an um eine mögliche Zusammenarbeit auszuloten. Einige Mails später wurden wir dann zu dem Rettet die Wahlen Festival in der Neuen Schmiede in Bielefeld eingeladen um an einer Worldcafe Diskussion teilzunehmen. Passenderweise hatte die Veranstaltung nun auch den Untertittel „ für Stammwähler, Unentschlossene und Anarchisten“.

Also, dann voller Vorfreude auf einen spannenden Abend ab nach Bielefeld. Beim Ankommen fällt zu aller erst der für den Anlass großartige Veranstaltungsort auf. Die Neue Schmiede ist ein sympatischer, einladender Veranstaltungsraum, welcher dem stattfindenen Event solidarisch gegenüber stand. (Leider mit Religiös-Christlichem Hintergrund)

Beim eintreten in den Raum lief bereits eine Diskussionsrunde, in drei Stuhlkreisen wurde hier gerade über die Legalisierung von Marihuana diskutiert. Nach der Begrüßung bauen wir erstmal unseren mitgebrachten Infotisch auf und nehmen an einer Vorbesprechung mit allen anwesenden Initiativen im Backstage Bereich zum World Cafe teil.

Zwischen Pause und Beginn des World Cafes kommen bereits die ersten an unseren Positionen Interessierten zu uns die die Diskussion beim World Cafe nicht abwarten können. Es hat für Aufregung gesorgt, dass wir am Event teilnehmen — Wer sind diese Anarchist*innen und was wollen sie?

Zu Beginn der Diskussion stellen sich alle Anwesenden Intiativen zur Vorstellung einmal auf. Von Critical Mass, bis zu AK Asyl sind einige Initiativen dabei die wir sehr begrüßen und welche zumindest in Teilen anarchistischen Positionen oder Praxis nahe stehen, wie auch später von einigen Diskussionsteilnehmer*innen angemerkt wird. Natürlich sind auch kritikwürdige hierarchische Organisationen wie Greenpeace am Start, aber auch unsere Maxime ist „Redet mit allen“. Nagut wir würden vielleicht eher mit „Redet mit fast allen“ sagen, wenn wir z.B. an organisierte Faschist*innen denken.

In der Vorstellungsrunde machen wir gleich grob klar worum es uns inhaltlich geht: „…Wir sind nicht hier um die Wahlen zu retten, uns geht es darum Herrschaft insgesamt zu überwinden und wir glauben nicht, dass dies über den Weg des Staates möglich ist….“

Also dann rein in die Diskussion, dass World Cafe Konzept sieht vor, dass jede Initiative einen Tisch bekommt an dem dann circa 15 Minuten diskutiert wird. Danach kann wer will an einen anderen Tisch wechseln, bis mehrere Durchgänge abgeschlossen sind. Nach diesen Runden kommen nochmal alle in einer großen Runde zusammen um über ihre Erlebnisse zu berichten.

Unser Tisch war jede der 3 Runden gut besucht, einige Menschen blieben auch gleich 2 Runden da. Für die Diskussion am Tisch galt das gleiche wie für den restlichen Abend, wir sind auf viele offene, wissbegierige Menschen gestoßen. Entgegen einer häufig verbreiteten Umgehensweise mit Revolutionär*innen, denen lediglich versucht wird zu vermitteln das sie verrückt sind oder einfach weltfremde Träumer, herrschte hier der ernst gemeinte Versuch, von vielen vor, sich mit unseren Positionen zu beschäftigen.

Ebenso fanden wir die Fragen und Erwiederungen die uns entgegen gebracht wurden, sehr bereichernd. Es war wirklich ein gutes Umfeld, welches unserem Anspruch von einer Diskussionskultur des Zuhörens und aufeinander acht geben gerecht wurde. Inhaltlich drehten sich die Diskussionen an unserem Tisch ganz allgemein um die anarchistische Idee sowie über unsere Einstellungen zur Demokratie im speziellen. Wir haben die Hoffnung, einige Punkte angebracht zu haben, die dazu führen, dass zumindest einzelne sich mit anarchistischer Theorie und Praxis intensiver beschäftigen werden.

Grundlage für unsere Argumentationen bot uns unsere vor kurzem erschienene Broschüre „Gegen die Illusion der Wahlen – Warum wir die Freiheit nicht mit dem Stimmzettel erreichen können“ (welche ihr hier findet), in der es uns nicht darum geht, den Menschen zu empfehlen ob sie ein Stück Papier in eine Urne werfen oder nicht, sondern in erster Linie darum die Illusion zu zerstreuen, dass von Wahlen wirkliche Veränderung ausgehen werden.

Für alle, die mit uns diskutiert haben und/oder sich unsere Broschüre schnappten, schreibt uns gerne bei Fragen/Kritik an agdo@riseup.net, kommt zu einer der zahlreichen Veranstaltungen von uns im September, die ihr auf unserer Webseite agdo.blogsport.eu findet, oder schneit einfach so mal ins anarchistische Zentrum Black Pigeon rein (blackpigeon.blogsport.eu/).

In der großen Runde wurde vorallem die angenehme solidarische Atmosphäre hervorgehoben, welche wir auch genossen haben und ansonsten eher aus unseren eigenen Zusammenhängen kannten.

Im folgenden gab es noch politischen Poetry Slam, einen Liedermacher und zum Ende trat dann nochmal die Band Unknown Skartist auf, was Jung und Alt dazu bewegte Ausgelassen das Tanzbein zu schwingen.

Auch wenn wir sicherlich mit vielen Positionen die das Event oder Menschen auf ihm vertraten nicht einverstanden sind, empfanden wir die Veranstaltung als Rundum gelungen. Glückwunsch und Dank an die Organisator*innen für ihren tollen selbstorganisierten Abend. Für uns hat er gezeigt das Anarchismus in der „Mitte der Gesellschaft“ möglich und denkbar ist.

Zum Abschluss unserer Reise statteten wir unseren Freund*innen von der Freien Arbeiter*innen Union Bielefeld & dem anarchistischen Forum ostwestfalen Lippe, welche leider nicht an dem Event teilnehmen konnten, in ihrem Gewerkschaftslokal einen Besuch ab. Wir berichteten über unsere Erfahrung bei dem Rettet die Wahlen Event, ließen ein kleines Broschüren Paket da und verabschiedeten uns in der Gewissheit das es auch in Bielefeld eine Menge Leute gibt die den anarchistischen Kampf vorantreiben und die wir auch in Dortmund immer wieder gerne mit offenen Armen empfangen.

Wer jetzt aus Bielefeld Interesse an einem weiteren Austausch mit Anarchist*innen bekommen hat, dem sei hier die Webseite der Freien Arbeiter*innen Union Bielefeld: http://bielefeld.fau.org/ sowie dem anarchistischen Forum ostwestfalen Lippe: http://aforumowl.blogsport.de/ ans Herz gelegt.

Unsere Teilnahme setzen wir in den Kontext der Kampagne der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen „Solidarische Perspektive entwickeln – jenseits von Wahlen und Populismus“ (fda-ifa.org/perspektiven/)

Einige Menschen aus der anarchistischen Gruppe Dortmund – http://agdo.blogsport.eu

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Ergänzungen

voll schön geschriebener text, hat mir sehr gut gefallen und hab ich gerne gelesen.

schön, dass zu sehen ist, wie im ruhrgebiet langsam undogmatischer anarchismus fuss fasst. freue mich auf mehr von euch zu hören oder lesen :)