Eins muss dem türkischen Staat zugestanden werden – von unnötiger Zeitverschwendung hält er nichts. Am Nachmittag des 13. Novembers ereignete sich der Anschlag in Istanbul. Binnen 24 Stunden wurde nicht nur die vermeintliche Täterin festgenommen und vorgeführt, sondern auch ihre angeblichen Verbindungen zur PKK und YPG wurden durch den türkischen Innenminister Süleyman Soylu offengelegt. Mit diesen „Informationen“ im Gepäck reiste der türkische Staatspräsident Erdogan zum G20-Gipfel nach Bali. Dort scheint er nicht nur dankend die Beileidsbekundungen von US-Präsident Biden und anderen Staatsführer:innen entgegengenommen zu haben.
Denn noch während des Rückflugs in Richtung Ankara hat er den Befehl für den „Vergeltungsschlag“ gegeben. Am Abend des 19. Novembers, also noch keine Woche nach dem Anschlag von Istanbul, hoben dann die F16-Kampfjets der türkischen Luftwaffe vom Militärflughafen in Amed (Diyarbakir) ab. Der Startschuss für die Operation „Claw-Sword“ war gefallen. Was folgte, waren laut Verlautbarungen der türkischen Streitkräfte Luftangriffe auf 89 Ziele. Bombardiert wurden unter anderem Kobanê, Shehba und Dêrik in Rojava und das Qendîl-Gebirge und die Asos-Berge in Südkurdistan. Alleine in Rojava wird die Zahl der Todesopfer bislang mit 26 beziffert, unter ihnen Zivilist:innen, Kämpfer:innen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), der Befreiungskräfte Efrîns (HRE) und Mitglieder der syrischen Armee.