Freiheit ist Sicherheit
Ein zufriedener Bundesinnenminister stellte am 2. April 2019 die Kriminalstatistik für 2018 vor. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Kriminalitätsrate ein weiteres Mal und zwar um 3,4 Prozent. In fast allen Bereichen gab es weniger Delikte selbst bei den Aufregern der vergangenen Jahre wie den Einbrüchen oder den ermittelten tatverdächtigen Zuwanderern lagen die Zahlen niedriger als im Vorjahr. Anstiege wurden allerdings bei den Angriffen auf Rettungskäfte sowie PolizistInnen, den Waffen- und Drogendelikten verzeichnet. Auch wenn die Zahl der Drogendelikte durch eine Legalisierung von Cannabis zu senken wäre, bleibt der Innenminister bei seiner harten Linie.
Ein zufriedener Bundesinnenminister stellte am 2. April 2019 die Kriminalstatistik für 2018 vor. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Kriminalitätsrate ein weiteres Mal und zwar um 3,4 Prozent. In fast allen Bereichen gab es weniger Delikte selbst bei den Aufregern der vergangenen Jahre wie den Einbrüchen oder den ermittelten tatverdächtigen Zuwanderern lagen die Zahlen niedriger als im Vorjahr. Anstiege wurden allerdings bei den Angriffen auf Rettungskäfte sowie PolizistInnen, den Waffen- und Drogendelikten verzeichnet. Auch wenn die Zahl der Drogendelikte durch eine Legalisierung von Cannabis zu senken wäre, bleibt der Innenminister bei seiner harten Linie.
Obwohl die Kriminalstatistik wenig über die tatsächlich begangene Kriminalität aussagt, blieb das Eigenlob von Polizei und Politik für ihre Maßnahmen nicht aus. Tatsächlich ist der Beweis der Kausalität nicht zu führen, denn die Faktoren, die die Kriminalitätsrate beeinflussen sind äußerst vielfältig.
Eine seit dem Jahr 2000 sinkende Gefangenenrate in deutschen Gefängnissen bei gleichzeitiger Steigerung der Aufklärungsquote deutet daraufhin, dass die geringer werdende Kriminalitätsrate nicht gänzlich auf die Anstrengungen von Polizei und Politik zurückzuführen sind.
Gleichzeitig reklamierte der Bundesverband der Sicherheitstechnik den Rückgang der Einbruchszahlen als Erfolg für sich. Die effektive Sicherheitstechnik sei dafür verantwortlich. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter.
Horst Seehofer versäumte es nicht, darauf hinzuweisen, dass Deutschland eines der sichersten Länder der Welt ist. Da lässt sich nur zustimmend mit dem Kopf nicken, um gleichzeitig skeptisch drein zu schauen, weil sich vor diesem Hintergrund die Frage stellt, warum werden weiterhin die Bürgerrechte durch Gesetzesverschärfungen eingeschränkt.
Das rot-rot regierte Brandenburg hat dem Entwurf für das Polizeiaufgabengesetz zugestimmt, das zu einem der schärfsten in der Bundesrepublik zählt. Es sind weitgehendere polizeiliche Befugnisse geplant, obwohl auch in Brandenburg die Kriminalitätsrate bei steigender Aufklärungsquote sinkt. Darüberhinaus verfügt die Brandenburger Polizei über so wenig Stellen wie nie. Werden hier etwa Personalkosten eingespart, die im Gegenzug durch schärfere Gesetze amortisiert werden sollen?
Zur Begründung für die Verschärfungen muss wieder einmal die Terrorgefahr herhalten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Möglichkeiten sehr schnell für andere Deliktsbereiche genutzt werden.
Während in Brandenburg die eigenen GenossInnen der Linken gegen die Verschärfungen protestieren, wird woanders wie in Bayern dagegen geklagt. Dort hält ein Bündnis das bayerische Polizeiaufgabengesetz nicht für verfassungsgemäß, weil es gegen zentrale rechtsstaatliche Grundsätze verstoße.
In den 1970er und 1980er Jahren waren die Polizeiaufgabengesetze Präventionsgesetze. Heute sind es pure Repressionsgesetze.
Damals hatten Bürgerrechte noch einen Wert, wenn beispielsweise PolizistInnen einen Grund für ihre Kontrolle mitteilen mussten. Heute heißt es überspitzt ausgedrückt nur noch: „Ausweis!“ „Öffnen Sie mal Ihre Taschen und machen Sie die Beine breit.“ Oder die polizeiliche Überwachung wird überhaupt nicht bemerkt, weil mit einem Staatstrojaner die Computerdaten von BürgerInnen ausgelesen werden.
Während in den 1970er Jahren die Polizei abgerüstet wurde, soll die Polizei heute mit Panzerfäusten und Handgranaten ausgestattet werden. Somit wird das sogenannte polizeiliche Gegenüber zum Kriegsgegner und im Krieg passiert vieles, was im friedlichen Miteinander nicht erlaubt ist.
Innerhalb eines Jahres waren in Bayern elf Personen länger als zwei Wochen ohne Anklage inhaftiert. So etwas erinnert mehr an einen Polizeistatt als an eine freiheitliche Demokratie.
Bei Einführung der DNA-Analyse zur Kriminalitätsaufklärung war es unstrittig, dass die Untersuchungen ausschließlich im nichtcodierten Bereich durchgeführt werden dürfen. Nun hat Bayern bereits die erweiterte DNA-Analyse zur Feststellung von Haut-, Augen- und Haarfarbe eines Verdächtigen eingeführt.
Selbst die Datenschutzbeauftragte von Niedersachsen hält als CDU-Mitglied den dortigen Entwurf für das Polizeiaufgabengesetz für gefährlich, weil es zu stark die Freiheitsrechte der BürgerInnen einschränke. Sie nennt die Begründung der Terrorismusgefahr einen Deckmantel. Es sei nicht ansatzweise erkennbar, warum derartige Verschärfungen notwendig seien.
In Hamburg werden mit Hilfe einer Gesichtserkennungssoftware von der Polizei Video- und Fotoaufnahmen anlässlich des G20-Gipfels ausgewertet, um Personen zu identifizieren, die an den Ausschreitungen beteiligt waren. Dazu wurden die biometrischen Daten von Personen gespeichert, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Selbst die Daten von vollkommen unbeteiligten Person wurden dafür gespeichert. Das zeigt, wie hemmungslos die Polizei vorgehen kann, wenn es darum geht, vermeintliche StraftäterInnen zu identifizieren. Bürgerrechte rücken in solchen Momenten in den Hintergrund. Bürgerrechte für deren Schutz die Polizei verantwortlich zeichnet.
Immer wieder müssen Gerichte eingreifen, wenn es darum geht, die Bürgerrechte zu wahren. So entschied am 11. März 2008 das Bundesverfassungsgericht die automatisierte Kennzeichenerfassung für nichtig, weil die Erfassung in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife.
Derartige Einschränkungen werden aus Kreisen von Justiz und Polizei gar nicht gerne gesehen. Schon lange kritisieren sie die Beschränkung der LKW-Maut-Anlagen, die sie gerne für die Kriminalitätsaufklärung nutzen möchten. Als Beispiel wird dazu ein unaufgeklärter Mord durch einen LKW-Fahrer angeführt. Die erfassten Daten durch die Maut-Anlagen hätten den entscheidenden Hinweis erbringen können.
Bestehen Möglichkeiten wollen die Sicherheitsbehörden diese Möglichkeiten ausschöpfen, weil nicht die Bürgerrechte im Fokus stehen sondern der institutionelle Erfolg. Einen Beleg dafür bietet das Trennungsgebot von Geheimdiensten und Polizei.
Das Trennungsgebot basiert auf einem Versprechen, dass der parlamentarische Rat den Alliierten geben musste. Demnach durfte der Geheimdienst keine polizeilichen Befugnisse erhalten und es sollte eine strikte Trennung von Geheimdienst und Polizei geben, denn durch geheimdienstliche Methoden erfahre der Betroffene nie von der Überwachung und könne sich nicht dagegen wehren. Am 14. April dieses Jahres wurde dieses Versprechen 70 Jahre alt und man kann behaupten, es ist längst vergessen.
In gemeinsamen Terrorabwehrzentren arbeiten GeheimagentInnen und PolizistInnen zusammen. Verfassungsschützer arbeiten im Bereich der Kriminalitätsaufklärung und PolizistInnen wenden klandestine Methoden an, sodass es für die Betroffenen zunehmend schwerer, wenn nicht aussichtlos wird, sich gegen derartige Überwachungsmaßnahmen zu wehren. Selbst vor Gerichten wird die Aufklärung erschwert, weil PolizistInnen keine Aussageerlaubnis erhalten, um die Maßnahmen zu erläutern. Die rechtsstaatlich notwendige Nachvollziehbarkeit polizeilicher Arbeit wird erschwert.
Seit dem 01.01.2019 ist eine Gefahrenabwehrverordnung in Wiesbaden in Kraft. Dadurch wurde die Möglichkeit geschaffen, in einem bestimmten Bereich der Innenstadt eine Waffenverbotszone einzurichten. Die Waffenverbotszone gilt zur Nachtzeit und verbietet das Führen von Waffen und waffenähnlichen Gegenständen. Die Verordnung ist derart unbestimmt, dass selbst das Reparaturset am Fahrrad waffenähnliche Gegenstände beinhalten kann und damit verboten ist. Die Waffenverbotszone erlaubt den Ordnungskräften anlassunabhängige Kontrollen, Durchsuchungen und Platzverweise. Es sind natürlich nicht alle BürgerInnen betroffen sondern in erster Linie junge Männer und durch die Auswahl des Gebietes in erster Linie junge Männer mit Migrationshintergrund. Die BürgerInnen reagierten irritiert auf die Kontrollen von Stadt- und Landespolizei, freuten sich aber auch, zur Nachzeit wieder einmal Ordnungskräfte ohne Fahrzeuge auf der Straße zu sehen, das stärke ihr Sicherheitsgefühl.
Die Junge Union gab den Anstoß für die Verbotszone, der von dem Wiesbadener Polizeipräsidenten bei Vorstellung der Kriminalstatistik unterstützt wurde. Man habe in Hamburg, Kiel und Bremen gute Erfahrungen damit gemacht. CDU, SPD und AfD setzten das Anliegen im Magistrat um. Nach drei Jahren soll die Gefahrenabwehrordnung überprüft werden. Hoffentlich findet die Überprüfung zuvor durch ein Gericht statt.
Die seit Jahren massive Einschränkung der Freiheitsrechte muss zu Protesten und Klagen führen ansonsten werden die Fesseln immer enger bis sie normal erscheinen. Freiheit will gelernt sein und ist für ein zufriedenes Leben unabdingbar. Freiheit bedeutet, sich jeden Tag auf Neues einzustellen, um ein abwechslungsreiches Leben führen zu können. Die Gewährleistung der Sicherheit erreichen BürgerInnen, die durch Empathie aufeinander achten und die die Sicherheitskräfte beobachten.