Solidarität und Kritik

 

Das Gerichtsurteil im Antifa Ost-Verfahren ist gesprochen und es gibt eine Welle der Solidarität mit den Betroffenen. Das Verfahren war von Anfang an unfair und das Urteil skandalös. Die Wut auf der Straße und die riesige Solidarität ist gut und richtig, doch spätestens morgen müssen wir kritisch über die Verhältnismäßigkeit von manchen Gewaltpraktiken innerhalb unserer Strukturen sprechen. Kritik und Selbstkritik muss eigentlich Standard in jeder militanten Antifagruppe sein, doch scheint es an der Zeit zu sein, dass es wieder eine breite Gewaltdebatte in der antifaschistischen Bewegung gibt.

 

Gewalt muss immer abgewogen werden und darf nur in einer minimal invasiven Form durchgeführt werden. Antifaschismus ist prinzipiell eine Gegengewalt und Selbstverteidigung gegen Faschismus. Angriff ist manchmal eine gute Verteidigung, doch sind Inglourious Basterds Methoden (aktuell) nicht angebracht.

 

Wir dürfen keine Fascho-Methoden verwenden, auch nicht gegen Faschos. Unter Faschomethoden verstehen wir Angriffe auf Journalist*innen, das in Kauf nehmen von Toten, Foltermethoden oder der heimische Angriff auf Immobilienmakler*innen. Außerdem können wir nicht Personen brutalst angreifen, nur weil sie wie Faschos aussehen, ansonsten aber kein eindeutiger Hinweis auf einen faschistischen Organisationsgrad besteht.

 

Wenn wir sämtliche humanistischen Ideale ablegen und der eigenen Verrohung applaudieren, dann müssen wir uns über Personen wie Domhöver ins unseren Reihen nicht wundern.

 

Diese Aufzählung richtet sich nicht an die von Repression Betroffenen des Antifa Ost-Verfahren. Es geht um eine Kritik an manchen militanten Aktionen und um eine breite Reflexion darüber. Es reicht nicht, dass wir darüber in unseren Bezugsgruppen sprechen. Wir müssen darüber offen sprechen und diskutieren.

 

Solidarisch, aber auch kritisch!

 

 

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Ergänzungen

 

Auch wenn die Kommentare zu unserem Beitrag im Ton vielleicht nicht eine wünschenswerte Debattenform darstellen, begrüßen wir diese, da sie einen Austausch darstellen.

 

Deshalb wollen wir darauf eingehen.

 

Zunächst einmal ist der Fascho-Methoden Vergleich anscheinend nicht gut angekommen. Dies war überspitzt von uns und sollte nicht an die Hufeisentheorie anknüpfen. Die Wortwahl war demnach nicht die richtige. Die Kritik an den Methoden bleibt aber gleich und die Abwägungen zu den zu wählenden militanten Methoden sollten folgende Punkte beinhalten:

 

 

  1. Gewalt im minimal notwendigen Maße

  2. Vermittelbarkeit gegenüber der Öffentlichkeit

  3. Verhältnismäßigkeit

 

Zur Gewalt gehen wir von einem progressiven Menschenbild aus, welches immer ein Veränderungspotential im Menschen sieht. Demnach sollte die Gewalt minimalisiert und den Rahmenbedingungen angepasst werden. Auch eingehend auf die Geschichtshinweise in den Kommentaren: Wir lehnen Gewalt nicht ab. In der Vergangenheit war diese nötig, sie ist aktuell nötig und wird auch in Zukunft nötig sein. Dabei sollten die Methoden in ihrer Qualität jedoch den Gegebenheiten angepasst werden.

 

 

Zur Verhältnismäßigkeit und Vermittelbarkeit zählen der aktuelle gesellschaftliche Kontext, aber auch strategische Abwägungen. Welche positiven Effekte hat die Handlung und rechtfertigt diese die negativen Folgen in Form von Imageverlust und Repressionskosten.

 

 

Zu dem Kommentar zu revolutionären und reaktionären Antifaschismus: Wir haben nichts gegen eine Revolution und revolutionären Antifaschismus. Würden hier jedoch aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Gegebenheiten, wie gesagt, andere Methoden wählen.

 

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